Ich arbeite, also bin ich?

Vom Sinn bei der Arbeit war hier neulich die Rede. In einem Gastbeitrag in der ZEIT ONLINE stellte Patrick Spät zum Sinn der Arbeit gerade die These auf: “ Ich arbeite, also bin ich“ – um sie sogleich detailliert zu zerlegen. Sein Einstieg:

„Wohl kein anderer Satz fällt auf einer Party so häufig wie dieser: „Und, was machst du so?“ Dahinter steckt die unausgesprochene Frage: „Bist du nützlich?“ Die Arbeit bestimmt unseren sozialen Stellenwert: Sag mir, was du arbeitest – und ich sag dir, wer du bist. Wir werden regelrecht nervös, wenn wir nicht den Beruf unseres Gegenübers erfahren. Wer aber nichts „macht“ und offen sagt, dass er keinen Bock hat zu arbeiten und dass mitnichten jede Arbeit besser ist als keine Arbeit, der steht im Generalverdacht, zu verloddern und andere dazu anzustiften, es gleichzutun – mit dem Endergebnis, dass die ganze fleißige Gesellschaft in den Abgrund stürzt. Das Mantra unserer Zeit: Ich arbeite, also bin ich. …“

Der Autor beschreibt Strukturprobleme, weist auf ungleich verteilten Reichtum und Widersprüche hin; er sucht Erklärungen. Sein spannender Artikel endet folgendermaßen:

„Doch je knapper die Jobs weltweit werden, desto heftiger preisen wir die Arbeit, statt uns einen faulen Lenz zu machen. Wir könnten die durchschnittliche Arbeitszeit drastisch reduzieren, wenn wir nur wollten. Ein „Wachstum“ ist ohnehin nicht mehr möglich. Was soll denn noch wachsen außer das Elend der Menschen? Lasst uns schrumpfen. Lasst uns den Arbeitsfetisch abschütteln und nicht an unsere Kinder weitergeben. Es grenzt an Folter, kleinen Kindern das Spielen und Entdecken zu verbieten, um sie stundenlang zum Arbeiten an den Schreibtisch zu fesseln. Statt unsere Kinder zu fragen, „Und, was willst du mal werden?“, sollten wir fragen, „Wer willst du mal werden? Was für Ziele und Träume hast du?“

Um es mit einem Zitat von John Lennon zu sagen: „Als ich fünf war, hat meine Mutter mir immer gesagt, dass es das Wichtigste im Leben sei, glücklich zu sein. Als ich in die Schule kam, baten sie mich aufzuschreiben, was ich später einmal werden möchte. Ich schrieb auf: glücklich. Sie sagten mir, ich hätte die Frage nicht richtig verstanden, und ich antwortete ihnen, dass sie das Leben nicht richtig verstanden hätten.“

Haben wir das Leben richtig verstanden?“

Patrick Spät, ZEIT ONLINE am 21. Juli 2014

Danke für die anregenden Gedanken und für die Inspiration.

 

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